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Vom Techniktalent zur MINT-Lehrkraft

Lesezeit: 6 Minuten
Porträtfoto von Saskia Dübener
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Eine JIA-Erfolgsgeschichte

Saskia Dübener ist angehende Lehrerin für Mathematik und Informatik. Ihr Interesse an MINT-Themen hat sie in der Schulzeit entdeckt. Die Junior-Ingenieur-Akademie (JIA), die es an ihrer Schule gab, hat dazu beigetragen. Die im Projekt angelegte enge Vernetzung von Schule mit Hochschulen und Unternehmen machte MINT für Saskia Dübener praktisch und greifbar. Die Begeisterung möchte sie in Zukunft an Kinder und Jugendliche weitergeben. Im Interview beschreibt sie, warum das Modell für sie persönlich so prägend war.


Viele kleine Kinder sind von MINT-Themen wie dem Weltall oder der Natur fasziniert. Dieses Interesse später im schulischen Kontext aufrechtzuerhalten, ist oft eine Herausforderung.  Wie war es bei dir? Hattest du schon vor der Schulzeit Interesse an MINT?

Saskia Dübener: Auf jeden Fall! Ich war schon immer eher das Kind, das lieber gebastelt, gebaut und experimentiert hat, anstatt mit Puppen zu spielen, wie es meine Freundinnen in meinem Alter gemacht haben. Meine Eltern berichten immer wieder, dass ich wesentlich einfacher für das Roboter-Spielzeug meines Bruders zu begeistern war als er selbst. Ich glaube auch, dass meine Eltern ganz wesentlichen Einfluss darauf hatten, dass dieses Interesse weiter aufgeblüht ist. Zum Geburtstag bekam ich keine Puppen, sondern Experimentierbaukästen oder Lern-Computerspiele. So konnte ich mich weiter mit den Themen beschäftigen, die mich am meisten interessiert haben. Außerdem haben wir häufig naturwissenschaftliche Mitmachmuseen besucht, in denen meine Eltern mir erklärt haben, wie und warum physikalische Phänomen funktionieren. Das hat mich definitiv geprägt, denn ich gehe auch heute noch gerne in solche Museen.


Wie ging es in deiner Schulzeit mit diesem MINT-Interesse weiter?

Saskia Dübener: Mir haben die gesamte Schulzeit über eher die naturwissenschaftlichen Fächer gelegen, insbesondere Mathematik, Physik und Chemie. Das waren meine Lieblingsfächer und sie sind mir schon immer recht leichtgefallen. Ich liebe es einfach zu knobeln, bestimmten Strukturen zu folgen – und mich mit Dingen zu beschäftigen, die logisch erklärbar sind. Ich konnte mich immer daran freuen, wenn am Ende irgendeine Art Lösung rauskam. Das war wie eine Bestätigung, dass man es geschafft und richtig gemacht hatte.

Manchmal habe ich mich aber auch allein gefühlt – insbesondere, als ich merkte, dass viele meiner Freundinnen diese Begeisterung nicht so teilten. Gleichzeitig konnte ich im Unterricht meinen Freundinnen bei Aufgaben oder Experimenten weiterhelfen, sodass meine Fähigkeiten doch wieder wertgeschätzt wurden.
Ich glaube, genau hierin besteht die eigentliche Herausforderung: Manche Kinder möchten nicht das Gefühl haben, sich von ihren Freundinnen und Freunden zu unterscheiden, weshalb sie ihre Interessen und teilweise auch Persönlichkeitsmerkmale auf ihre Peer-Group abstimmen. Das birgt die Gefahr, dass sie ihr Interesse an MINT-Themen verlieren.


An deiner Schule gab es eine Junior-Ingenieur-Akademie. Mit diesem Projekt unterstützen wir Schulen dabei, das Technikinteresse junger Menschen zu fördern und zu erhalten. Dazu kooperieren die Schulen mit Hochschulen und Unternehmen und schaffen spannende Lernangebote. Was waren deine ersten Erfahrungen mit der JIA?

Saskia Dübener: Als ich von der Junior-Ingenieur-Akademie an meiner Schule gehört hatte, wollte ich unbedingt dahin. Ich konnte es kaum erwarten dabei zu sein – und war die erste, die sich angemeldet hat. Mein älterer Bruder war bereits zwar Jahre vor mir dabei und hat zuhause von den coolen Projekten berichtet. Es war einfach total spannend, dass man mal über den Tellerrand hinausschauen konnte. Wir waren regelmäßig an außerschulischen Lernorten. Beispielsweise konnten wir an der damaligen Hochschule für Telekommunikation Leipzig in Vorlesungen und Seminare reinschnuppern. Über die JIA gab es auch eine Kooperation mit dem Unternehmen Porsche. Ich erinnere mich gut daran, dass wir hier die Möglichkeit hatten einen Motor auseinander- und wieder zusammenbauen. Das waren einfach völlig neue Erfahrungen außerhalb des sonstigen Alltags in der Schule.

 

Was war für dich das Besondere an der Junior-Ingenieur-Akademie?

Saskia Dübener: In der JIA wurde uns viel mehr Verantwortung übertragen als im klassischen Unterricht. Uns wurde beispielsweise anvertraut selbstständig quer durch die Stadt zu fahren und die unterschiedlichen Lernorte zu besuchen. Aber wir hatten auch viel mehr Eigenverantwortung in Bezug auf das Lernen. Wenn wir eine Vorlesung gehört haben, waren wir selbst dafür verantwortlich, uns damit noch einmal zuhause zu beschäftigen, um beim nächsten Besuch weiter mitkommen zu können. Da hat niemand gesondert nach Einzelpersonen geschaut – jeder war für sich selbst verantwortlich. Das hat sich auch in den Arbeitsformen gezeigt. In der JIA mussten wir ganz andere Probleme lösen, als wir sie aus dem Unterricht kannten. Wir haben vor allem projektorientiert gearbeitet. Das Ergebnis konnten wir selbst festlegen.

Das Beste war für mich jedoch mit den anderen Schülerinnen und Schülern in der JIA zusammenzuarbeiten, die – genau wie ich – Spaß am Tüfteln und Lernen mit Naturwissenschaften hatten. Endlich war ich umgeben von Gleichgesinnten – das hat mich unglaublich motiviert. Und: Jeder von uns hatte sich ja freiwillig für die JIA entschieden. Das hat sich auch in der Leistungsbereitschaft gezeigt. Allein das hat die Atmosphäre schon besonders gemacht. Aber auch die Einblicke in das Leben an Hochschulen bzw. in die Wirtschaft, waren ganz besonders für mich.


Was hat dich dabei am meisten beeindruckt?

Saskia Dübener: Zunächst einmal war das ein völlig anderes Umfeld als die Schule. Eine 90-minütige Vorlesung ist schon etwas anderes als eine Doppelstunde Unterricht. Am Anfang war es ein richtiger Schock und wir mussten uns ganz schön bemühen mitzukommen, aber irgendwann hat man den Dreh doch rausbekommen.

Besonders eindrücklich war für mich, dass die Erfahrungen, die wir in der Hochschule und im Unternehmen machen durften, dazu geführt haben, dass ich danach sehr genau wusste, was mir Spaß macht und was mich weniger begeistert. Mir fiel es sehr lange sehr schwer, eine klare Richtung für die Zukunft zu finden, weil ich einfach viele unterschiedliche Interessen hatte und nie nur „den einen“ Beruf im Kopf hatte, auf den ich hingearbeitet habe. Für mich war immer nur klar: „Irgendwas mit Naturwissenschaften“. Mit der JIA hatten wir die Chance, in verschiedene Themenfelder reinzuschauen – und so zu merken, was uns besonders interessiert und in welchem Feld wir uns sogar ein späteres Berufsleben vorstellen konnten.
 

Würdest du sagen, dass die Erfahrungen in der Junior-Ingenieur-Akademie deine Berufswahl beeinflusst haben?

Saskia Dübener: Definitiv! Die JIA hat mir nicht nur Mut gemacht, sondern auch konkrete Perspektiven eröffnet. Ich glaube, ohne die JIA hätte ich es mir niemals zugetraut, Informatik zu studieren. Ich hatte sehr große Sorge, dass mir dafür das notwendige Vorwissen fehlt. Aber durch die Einblicke in die Hochschulwelt und durch ganz viel Zuspruch von meinen Eltern, meinen Lehrern sowie Freundinnen und Freunden habe ich den Schritt gewagt. Und zum Glück hat dann auch alles geklappt. Das Studium hat mir sogar so viel Spaß gemacht, dass ich neben dem Lehramt für Mathematik und Informatik auch noch den Bachelor Informatik absolviert habe. Jetzt hoffe ich, meinen Schülerinnen und Schülern genau diese Angst nehmen zu können, die mich damals fast davon abgehalten hätte, Informatik zu studieren. Für mich schließt sich hier ein Kreis – von der begeisterten Schülerin zur engagierten MINT-Lehrkraft.
 

Was nimmst du aus der Junior-Ingenieur-Akademie mit in deinen Job?

Saskia Dübener: Vor allem möchte ich so gut es geht auf die Interessen der Schülerinnen und Schüler eingehen. Natürlich muss ich mich dabei immer an den Lehrplan halten, aber sofern sich die Möglichkeit bietet, beziehe ich das eigene Leben der Schülerinnen und Schüler ein oder versuche bestimmte Talente weiter zu fördern – so wie ich selbst auch in der JIA lebens- und praxisnah meine Interessen entdecken und weiterentwickeln konnte. Auch das projektorientierte Arbeiten finden sich in meinem Unterricht wieder.  Meine Schülerinnen und Schüler sollen das gelernte Wissen so viel wie möglich anwenden und ihrer Kreativität freien Lauf lassen können.

Für die Zukunft plane ich ein Ganztagsangebot mit Robotern oder 3D-Druck an meiner Schule auf die Beine zu stellen und so Lernumgebungen zu schaffen, wie ich sie in der JIA miterleben durfte. So können die Schülerinnen und Schüler mit anderen Kindern zusammenfinden, die gleiche Interessen verfolgen und gemeinsam an Projekten arbeiten. Ich möchte, dass noch viele Kinder die Chance bekommen, ihre Begeisterung für MINT zu entdecken – so wie ich damals in der JIA.
 

Lust auf die Junior-Ingenieur-Akademie bekommen? Wir suchen Schulen, die das Modell der JIA zum Schuljahr 2026/2027 einführen und dauerhaft in ihr Lernangebot integrieren möchten. Alle Informationen zur Bewerbung findet ihr hier.