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Lernen mit Likes

Text: Daniel Schwitzer | Lesezeit: 3 Minuten
Smartphones, auf denen Schülerinnen und Schüler zu sehen sind, die mit digitalen Geräten arbeiten.
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Soziale Medien didaktisch nutzen? Unbedingt, sagt die Bildungstrainerin Sophie Weller. Hier gibt sie Lehrkräften und außerschulischen Lernbegleitern drei Methoden an die Hand.

TikTok als Informationsquelle?

Die Plattform TikTok dient Jugendlichen nicht nur zur Unterhaltung, immer mehr nutzen sie auch als Suchmaschine. Das ist nicht unproblematisch, bedenkt man das Maß an Desinformation und Fake News, das dort kursiert. Gleichzeitig können Erklärvideos auf TikTok Lernenden einen niedrigschwelligen Einstieg in ein Thema bieten und bei Heranwachsenden Interesse etwa auch für politische Themen wecken. Um den Blick der Jugendlichen für seriöse und unseriöse Quellen zu schärfen, sollten Lehrkräfte und andere Lernbegleiter mit ihnen verschiedene Wege der Informationssuche beleuchten. Dazu teilen sie die Lernenden zum Beispiel in drei Gruppen auf und vergeben für alle denselben fachlichen Rechercheauftrag. Die erste Gruppe sucht bei TikTok, die zweite bei Google und die dritte in der (Schul-)Bibliothek. Anschließend werden die Ergebnisse zusammengetragen und diskutiert: Auf welche Informationen sind die drei Gruppen gestoßen und auf welche nicht? Worin unterscheidet sich die Aufbereitung der Sachverhalte und wie verändert sich dadurch der Informationsgehalt? Wann eignet sich welcher Rechercheweg und wo stößt man dort an welche Grenzen?

Ein wichtiger Aspekt: Die sozialen Medien tangieren unmittelbar persönliche Interessenbereiche. Und nicht jeder und jede will zeigen, welchem Influencer er folgt oder welchen Filter sie nutzt. Wenn Pädagogen mit Jugendlichen direkt auf Plattformen wie TikTok arbeiten, sollten sie deshalb einen anonymen Arbeits-Account für die Gruppe einrichten.


Werde Bildungs-Influencer!

Die junge Generation liebt Influencer, weil sie unterhaltsam sind, Beratung zu allen Lebensbereichen bieten und ein Gefühl der Nähe erzeugen. Dass sich dahinter oftmals Geschäftsinteressen verbergen, steht auf einem anderen Blatt. Lernbegleiter können die Begeisterung der Kids nutzen, indem sie sie selbst zu Bildungs-Influencern machen. Dazu lassen sie die Jugendlichen kurze Videos drehen, in denen diese im Stil des Influencer-Marketings ein fachliches Thema mitreißend, aber doch gehaltvoll darstellen. Das bietet jede Menge kreativer Entfaltungsmöglichkeiten und weckt gleichzeitig Interesse für den Lernstoff. Selbstproduzierte Videos sind außerdem ein guter Aufhänger, um die Jugendlichen für die werblichen Seiten des Influencer-Daseins zu sensibilisieren. Zum Beispiel, indem sie Werbevideos für selbst ausgedachte Produkte konzipieren und dabei bewusst versuchen, auch deren Nachteile und Mängel möglichst positiv darzustellen.

Die Videos dienen übrigens nur didaktischen Zwecken und sollten am Ende nicht wirklich auf Instagram landen. Gefilmt werden darf zudem nur, wer dem vorher ausdrücklich zugestimmt hat. Vielleicht finden die Jugendlichen aber auch kreative Wege, in ihren Clips ganz auf Gesichter zu verzichten.


Die Social-Media-Utopie

Wie schärft man das Verständnis von jungen Menschen für die Mechanismen, Hürden und Potenziale der Social-Media-Plattformen? Ganz einfach: Indem sie ihr eigenes imaginäres soziales Netzwerk konzipieren. Mögliche Leitfragen: Welche Themen sollen auf der Plattform stattfinden und welche nicht? Wie sollen Beiträge moderiert, positive Interaktionen gefördert und Hassrede verhindert werden? Mit welchen Maßnahmen kann die Privatsphäre der Nutzer geschützt werden? Soll es Filter zur Bildbearbeitung geben? Braucht es eine Altersbeschränkung? Und wie wird die Plattform finanziert? Ihre Konzepte gestalten die Jugendlichen entweder analog auf Plakaten oder digital, zum Beispiel mit selbst entworfenen Logos, Zeichnungen und Stickern.

Apropos Altersbeschränkung: Die liegt auf den echten Plattformen bei 13 Jahren. Allerdings lässt sich diese Hürde leicht umgehen, weshalb es für Pädagogen sinnvoll sein kann, das Thema Social Media auch schon mit Jüngeren zu behandeln. Eine Vorab-Umfrage klärt, wie relevant es für die Lerngruppe schon ist. Gerade die Methoden 2 und 3 zeigen aber, dass man die eigentlichen Plattformen gar nicht unbedingt nutzen muss, um ein Verständnis für deren Mechanismen zu vermitteln.


Dieser Artikel ist in Ausgabe Nr. 14 unseres Bildungsmagazins sonar zum Thema „Medienkompetenz“ erschienen.