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„Macht was draus!“

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Das Bild zeigt Dr. Ekkehard Winter, Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung.
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Der Nationale Bildungsbericht sollte endlich zum zentralen Instrument der deutschen Bildungssteuerung werden. Ein Meinungsbeitrag von Dr. Ekkehard Winter

„Es ist mal wieder so weit: Der Nationale Bildungsbericht liegt vor. Auf mehr als 400 Seiten versammelt er umfassende, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse darüber, wie es um die Bildung in Deutschland bestellt ist. Ein beeindruckendes und weithin geschätztes Werk – zu Recht! Und eigentlich eine ideale Grundlage für die strategische Ausrichtung von Bildungspolitik. Doch genau dazu wird er nicht genutzt. Nach hochoffizieller Pressekonferenz und obligatorischer Besprechung in Bildungsausschüssen wandert er stattdessen in die Bücherregale der politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern. Ein Unding! Die empirische Bildungsberichterstattung, allen voran der Nationale Bildungsbericht, muss endlich auch in Deutschland als das ernstgenommen werden, was sie ist: ein zentrales Instrument des Bildungsmonitorings und der Bildungssteuerung.

Auch die diesjährige Bestandsaufnahme zeigt für alle Bildungsbereiche wieder viele Daten, Fakten und Trends auf. Manch Erfreuliches ist darunter: So entwickelt sich etwa der Bildungsstand der Bevölkerung positiv und die Zahl von Beschäftigten und Einrichtungen im Bildungsbereich nimmt weiter zu. Zugleich legen die Wissenschaftler erneut zahlreiche Schwachstellen und offene Fragen im deutschen Bildungssystem frei. Um nur einige zu nennen: Wie bauen wir den schulischen Ganztag qualitätsvoll aus? Wie gewinnen und qualifizieren wir Lehrkräfte? Wie stellen wir die Effektivität der Corona-Aufholprogramme sicher? Wie schaffen wir es endlich, den Bildungserfolg von der Herkunft zu entkoppeln? Es ist Aufgabe der politisch Verantwortlichen, daraus die Handlungsfelder auszuwählen, die sie prioritär angehen wollen, und Programme und Maßnahmen zu entwickeln, die sie verbindlich verfolgen.

Ein gutes Vorbild hierfür ist die Schweiz, die in ihrem Bildungswesen ähnlich föderal strukturiert ist wie Deutschland: Die 26 (!) Kantone und der Bund analysieren gemeinsam ihren regelmäßig erscheinenden Bildungsbericht, diskutieren, welche Herausforderungen sie wie angehen sollten, und vereinbaren gemeinsame Ziele. Diese Vorhaben und ihre Effekte werden in den folgenden Bildungsberichten wiederum besonders betrachtet.

In Deutschland dagegen ziehen die verschiedenen Akteure ihre jeweils eigenen Schlüsse. Dabei war auch mit dem 2004 von Bund und Ländern beauftragten Nationalen Bildungsbericht ursprünglich die Absicht verbunden, daraus regelmäßig gemeinsam politische Handlungsfelder abzuleiten und anzugehen. Bekräftigt wurde dieses Ziel zuletzt 2015 von einer – ebenfalls von Bund und Ländern eingesetzten – Expertenkommission, der auch ich angehört habe. Doch auch diese Empfehlung blieb letztlich ohne Folge, mehr noch: Der Bericht wurde nicht einmal veröffentlicht!

Nun ist also der neunte Nationale Bildungsbericht da. Bleibt nur, den bildungspolitisch Verantwortlichen auf Bund- und Länderebene einmal mehr zuzurufen: Macht endlich was draus!“