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„Auf die wichtigen Themen gesetzt“

Text: Andrea Servaty | Lesezeit: 4 Minuten
Stiftungs-Geschäftsführer Jacob Chammon und Vorsitzender Thomas de Maizière sitzen zusammen am Tisch.
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Die Deutsche Telekom Stiftung feiert in diesem Jahr 20-jähriges Bestehen. Der Vorsitzende Dr. Thomas de Maizière und Geschäftsführer Jacob Chammon schauen zurück auf das Erreichte und geben Einblick in aktuelle und künftige Aktivitäten.

Herr de Maizière, die schlechten PISA-Ergebnisse für Deutschland in den MINT-Fächern waren Anfang der 2000er Jahre einer der Gründe für die Deutsche Telekom, über einen Bildungsschwerpunkt für die geplante Unternehmensstiftung nachzudenken. Die aktuellen PISA-Resultate zeigen: Es gibt nach wie vor viel zu tun. Wie reagieren Sie bei der laufenden Strategieüberprüfung darauf?

De Maizière: Die Ergebnisse sind in der Tat extrem bedauerlich und man könnte fast den Eindruck haben, es hat sich in 20 Jahren nichts getan. Das ist natürlich so auch nicht richtig. Die neuen Ergebnisse sind vor ganz anderem Hintergrund entstanden. Fakt ist aber, dass das deutsche Bildungssystem weiterhin vor allergrößten Herausforderungen steht, die alle Akteure gemeinsam dringend lösen müssen. Damit meine ich die Praxis, Bund und Länder und die Verwaltung. Auch die Zivilgesellschaft und wir als Telekom-Stiftung sind gefragt, uns zum Beispiel mit dem Thema Bildung und Digitalität zu beschäftigen oder einer guten MINT-Bildung.
Beides werden wir bei der Telekom-Stiftung auch in Zukunft tun. Wie wir das machen und wo genau unsere Arbeit am sinnvollsten ist, darüber reden wir gerade.

Herr Chammon, Sie sind erst seit August 2023 Geschäftsführer der Telekom-Stiftung. Wie sehen Sie die Arbeit der vergangenen 20 Jahre?  

Chammon: Ich bin erst seit 2011 in Deutschland, kenne die Stiftung also noch gar nicht so lange. Aber als Schulleiter in Berlin und als Vorstand im Forum Bildung Digitalisierung habe ich natürlich mitbekommen, dass die Stiftung einen sehr guten Ruf in der Bildungslandschaft hat und als überaus  professioneller Akteur und Partner wahrgenommen wird. Mein Vorgänger Ekkehard Winter hat die Stiftung gut vernetzt und mit dem Team erfolgreiche Arbeit gemacht. Inhaltlich haben die Verantwortlichen meiner Meinung nach vor 20 Jahren auf die wichtigen Themen gesetzt. Gute MINT-Bildung ist notwendig für den Standort Deutschland. Jetzt müssen wir schauen, wo das deutsche Bildungssystem heute steht und wo wir als Stiftung in der Zukunft wirken können.

Das ist ein gutes Stichwort: Wo steht Deutschland heute?

Chammon: Herr de Maizière hat es schon gesagt: Deutschland befindet sich in der Bildung in einer multiplen Krise. Es gibt viele Herausforderungen. Das fängt bei der Bildungsqualität in der Breite an, geht über die Bildungsfinanzierung bis hin zur Bildungssteuerung, um ein paar Aspekte zu nennen. Die Liste ist lang. Diese Herausforderungen kann niemand allein angehen. Wir sollten daher in Ko-Konstruktion Lösungen finden.

Welche Lösungen schlägt die Telekom-Stiftung vor?

De Maizière: Ich fange mal bei einem Thema an, das mir besonders unter den Nägeln brennt – der Bildungssteuerung, also der Frage, wie Bildung organisiert und gesteuert wird. Und da geht es nicht nur um die Zusammenarbeit zwischen den Ländern und mit dem Bund.. Es geht vielmehr um systemische Mängel, die – wenn wir zum Beispiel den Bereich Schule betrachten – dort bei den verteilten Zuständigkeiten oder vielen überflüssigen Vorschriften deutlich werden. Hier könnte man mit grundlegenden organisatorischen Veränderungen relativ schnell Verbesserungen erzielen. Ich habe dazu zusammen mit dem ehemaligen Geschäftsführer Ekkehard Winter im Frühjahr Vorschläge gemacht, die in der Öffentlichkeit für viele Diskussionen gesorgt haben: mehr Verantwortung für die einzelne Schule, Transparenz zwischen Schulen, starke Schulleitungen, Entlastung für die Lehrkräfte, muliprofessionelle Teams, weniger Vorschriften Schön wäre, die Vorschläge kämen in die Umsetzung. Wir jedenfalls sind offen für Kooperationen dazu und führen auch bereits Gespräche.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie die Telekom-Stiftung in zehn Jahren, also bei ihrem 30-jährigen Bestehen?

Chammon: Wir hoffen natürlich, dass die Stiftung in Zukunft weiterhin zu den großen und bedeutenden Bildungsstiftungen zählt. Ich persönlich wünsche mir, dass wir mit unserer Arbeit dazu beitragen können, dass die Bildung in Deutschland gerechter wird. Soziale Herkunft darf in Zukunft einfach nicht mehr entscheiden, welchen Bildungsweg junge Menschen gehen. Es muss egal sein, ob Kinder in Brennpunkten oder besser gestellten Kommunen leben. Möglichst alle sollen gute Lernangebote in Schulen, aber auch in Jugendhäusern, MakerSpaces oder Bibliotheken bekommen.

De Maizière: Den Wunsch, eine bedeutende Bildungsstiftung zu bleiben, teile ich. Ob das so bleibt, liegt an uns. Ich bin zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit Bildungspolitik, -verwaltung und -praxis zu entscheidenden systemischen Veränderungen kommen werden – nicht nur, weil wir es angesichts der vielen Herausforderungen müssen, sondern weil ich das Gefühl habe, dass Viele es jetzt auch wollen. Was ich wahrnehme, ist, dass sich in der Landschaft gerade richtig etwas bewegt. Die Telekom-Stiftung bringt sich an vielen Stellen aktiv ein. Und: Wir bleiben die MINT-Stiftung in einem weit verstandenen Sinne.