
Hunger auf Wissen
In der Experimentierküche im Deutschen Museum Bonn wird Chemie alltäglich.
Die ExperimentierKüche im Deutschen Museum Bonn feierte jetzt 10. Geburtstag. Der in das Projekt eingebettete Laborführerschein bietet gezielt Hauptschülern Chancen.
Säuren, Basen, Oxidation, Reduktion – dank der ExperimentierKüche sind diese Grundbegriffe der Chemie für rund 100.000 Jugendliche und Erwachsene keine böhmischen Dörfer mehr. So viele Besucher zählte das Schülerlabor zur Alltagschemie, seit das Deutsche Museum Bonn und die Deutsche Telekom Stiftung es vor zehn Jahren aus der Taufe hoben. Ausgestattet wie eine herkömmliche Küche mit Arbeitsfläche, Spüle, Backofen, dazu Essig, Backpulver oder Gewürze, begeistert die ExperimentierKüche anhand von Alltäglichem für Chemie.
Ursprünglich ins Leben gerufen, damit für Schüler ab der 2. Klasse bis zur Oberstufe Chemie Teil des Allgemeinwissens wird, ist die ExperimentierKüche heute Anlaufpunkt für Wissenshungrige aus allen Altersgruppen. Während Jüngere in Schul-Workshops oder Ferienkursen Gummibärchen oder Brause herstellen, nehmen Ältere die Eigenschaften von Kunststoffen unter die Lupe oder analysieren Shampoo. Es gibt Angebote für Familien und Kindergeburtstage, außerdem Vortragsreihen etwa von Professor Georg Schwedt, dem Ideengeber der ExperimentierKüche. Referendare und Lehrer können sich aus- und weiterbilden. Sogar zwei Staatsexamen befassen sich mit dem Einbinden des Schülerlabors in den Unterricht.
2009 entstand in der Experimentierküche, ebenfalls mit Unterstützung der Telekom-Stiftung, eine echte Delikatesse: der Laborführerschein. „Hauptschüler der 8. und 9. Klasse erhalten damit die Möglichkeit, sich freiwillig außerhalb der Schule beruflich zu orientieren“, erläutert Projektleiter Johannes Schlarb. Workshops zur Alltagschemie sind kombiniert mit Exkursionen zu Unternehmen in der Region Bonn. Hautnah berichten dort angehende Drogisten, Verfahrensmechaniker oder Chemielaboranten von ihrem beruflichen Weg. Die Schüler lernen außerdem Meister und Personalverantwortliche kennen. Neben der Berufsorientierung fördert der Laborführerschein die Persönlichkeitsentwicklung mit Elementen wie Teamarbeit und eigenverantwortlichem Handeln.
Der Laborführerschein ist eingebettet in ein regionales Netzwerk. Außer Schulen und Unternehmen sind das Schulamt der Stadt Bonn sowie die Bezirksregierung Köln beteiligt. Auch die IHK Bonn/Rhein-Sieg ist mit im Boot. Sie empfiehlt den Laborführerschein als geeignetes Instrument für die Berufswahl. Neben zahlreichen zufriedenen Schülern und Lehrern gibt es weitere Belege für den Erfolg des Projekts: 2013 zeichnete die Deloitte-Stiftung den Laborführerschein als innovatives Bildungsprojekt mit dem Hidden Movers Award aus. 2014 erhielt der Laborführerschein den Förderpreis der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Schöner kann Lob wohl kaum ausfallen.