
Eigenes UFO entwickelt
Werkstatt Neues Lernen, Teil 2: Medienpädagoge Thomas Kockmann möchte Jugendlichen den Zugang zu digitalen Bildungsangeboten ermöglichen
Mit welchen Lernangeboten bereiten wir junge Menschen auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vor? Und wie können unterschiedliche Einrichtungen dabei im Sinne eines Bildungs-Ökosystems kooperieren? Diese Fragen stehen im Zentrum der Werkstatt Neues Lernen. In dem Projekt der Deutsche Telekom Stiftung vernetzen sich Lehrkräfte mit Akteuren von außerschulischen Lernorten – zum Beispiel Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, Bibliotheken oder Makerspaces – und arbeiten gemeinsam an innovativen Ideen für das Lernen und Lehren von morgen.
In einer Serie stellen wir drei Teilnehmende der Werkstatt Neues Lernen vor: Soraya Cornelius, Thomas Kockmann und Moritz van Gunsteren. Die Lehrerin und die beiden Medienpädagogen nahmen im Frühjahr 2021 gemeinsam mit 49 weiteren Lernbegleiterinnen und -begleitern an der Auftaktveranstaltung des Projekts teil. Organisiert in acht Arbeitsgruppen, konzipieren sie neue Ansätze für die Wissensvermittlung in den MINT-Disziplinen und nehmen vor allem auch die Stärkung der überfachlichen Kompetenzen in den Blick.
„Wir verstehen uns als Ort der Kommunikation, weniger des Konsumierens.“
Der sprichwörtliche Blick über den eigenen Tellerrand und der Austausch mit Bildungsexpertinnen und -experten anderer Fachbereiche – das ist es auch, was Thomas Kockmann motiviert, sich bei der Werkstatt Neues Lernen einzubringen. Der 35-jährige Medienpädagoge ist bei der Stadtbibliothek Siegburg vor allem für die Planung und Umsetzung der neuen Formate in der Leseförderung sowie die Angebote zur Förderung der Medien- und Informationskompetenz verantwortlich. „Gerade die Pandemie mit ihren zahlreichen Einschränkungen zwingt uns und andere Bibliotheken dazu, unser Angebot zu hinterfragen und den neuen Gegebenheiten anzupassen“, erläutert Kockmann. Daher passt es für ihn perfekt, dass sein Team im Rahmen der Werkstatt Neues Lernen sich Gedanken über die Konzeption einer digitalen Kommunikationsplattform macht. Als Ergänzung zu den analogen Angeboten von Bibliotheken und anderen Bildungsinstitutionen sollen Kinder und Jugendliche einerseits einen Zugang zu den digitalen Angeboten der jeweiligen Einrichtung erhalten. Darüber hinaus sollen junge Nutzerinnen und Nutzer auf dieser digitalen Plattform – anders als bei Social Media – in einem gesicherten, passwortgeschützten Raum miteinander kommunizieren können und an der Planung von Projektangeboten beteiligt werden.
„Ein solcher Ansatz entspricht genau unserer Philosophie: Als moderne Bibliothek verstehen wir uns grundsätzlich als Ort der Kommunikation, weniger des Konsumierens“, betont Kockmann. „Gerade für unsere jungen Besucher wollen wir bei der Gestaltung unserer Angebote so wenig wie möglich vorgeben.“ Stattdessen haken Kockmann und seine Kolleginnen und Kollegen nach bei den Kindern und Jugendlichen; sie wollen mehr erfahren und verstehen von deren Lebenswelt: Wo und wie lebst du? Was gefällt dir? Was fehlt dir? Wo brauchst du Unterstützung? „Wenn die Antwort darauf zum Beispiel die Reparatur eines Scooters oder die Herstellung einer coolen Handy-Hülle ist, helfen wir ihnen gerne dabei“, schildert Kockmann. „Wohlgemerkt: Wir möchten die Kinder und Jugendlichen möglichst selbstständig arbeiten lassen. Wir greifen nur ein, wenn sie an ihre Grenzen stoßen und Unterstützung benötigen.“ Umgesetzt werden sollen solche Aktivitäten vor allem in der offenen Kinder- und Jugend-Zukunftswerkstatt „Unser FOrschungslabor (UFO)“, die vorrausichtlich Ende 2021 eröffnet wird. Das UFO nutzt dabei die bestehenden Strukturen des örtlichen Jugendzentrums „Deichhaus“ in Trägerschaft der Katholischen Jugendagentur Bonn und der Stadtbibliothek Siegburg. Hier können Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus der Region ihre Lebenswelt kreativ, kostenlos und erlebnisorientiert mit geeigneten Werkzeugen gestalten. „Auf diese Weise ermöglichen wir ein informelles Lernen ohne jeden Zensurendruck“, sagt Kockmann. „Ganz bewusst haben wir diesem Angebot kein Label aufgeklebt, sondern wollen es einfach nur als ‚Ort des Machens‘ in Siegburg etablieren.“
Damit ihr UFO auch bei der Zielgruppe ankommt, müssen Kockmann und das Team des Jugendzentrums „Deichhaus“ nichtsdestotrotz die Werbetrommel schlagen. „Überraschend gut bewähren sich dabei die gute alte Mundpropaganda und der direkte Draht zur Zielgruppe“, sagt Kockmann. „Denn Social-Media-Plattformen wie TikTok dienen in erster Linie der Unterhaltung. Die Kommunikationsplattform, die wir in der Werkstatt Neues Lernen planen, böte hier einen Mehrwert: Unsere Angebote könnten dadurch sowohl digital als auch vor Ort umgesetzt werden. Am Ende zählt, dass unser Projekt den Kindern und Jugendlichen Spaß macht. Denn das spricht sich herum – und das ist letztlich die beste Werbung.“
Noch bis Ende 2022 können die Teilnehmenden der Werkstatt Neues Lernen weiter an ihren Projekten feilen, Erfahrungen austauschen und ihre Ideen zu Ende denken.
Teil 1: Spielerisch die Welt der Forscher entdecken
Teil 3: Zeitgemäße Kultur des Lernens fördern
Text: Karsten Taruttis / Foto: Sebastian Förstel