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Klaus-Kinkel-Stipendiat Waldermar Schmidt

Die Unterschiede erleben

Über ein Klaus-Kinkel-Stipendium innerhalb des FundaMINT-Programms erhalten Lehramtsstudierende die Chance, im Ausland zu unterrichten. Waldemar Schmidt aus Hamburg erweitert gerade im westpolnischen Posen seinen Horizont.

Posen ist eine der ältesten Städte Polens, die durch Renaissance-Paläste und mittelalterliche Festungen besticht. Waldemar Schmidt hat dafür nur nebenbei ein Auge. Schließlich ist er nicht als Tourist ins Nachbarland gereist, sondern krönt sein Lehramtsstudium an der Universität Hamburg mit einer dreimonatigen Hospitanz an einem polnischen Gymnasium. Der 28-Jährige ist angetan von den polnischen Kollegen: „Das Miteinander ist sehr herzlich, man achtet hier mehr aufeinander“, sagt Waldemar Schmidt, der Mathematik und Medientechnik für das Berufsschullehramt studiert hat und als Stipendiat der Deutsche Telekom Stiftung in Posen hospitiert. Über das FundaMINT-Programm der Stiftung werden Lehramtsstudierende der Fächer Chemie, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Sachunterricht und Technik gefördert. In diesem Zusammenhang erhalten sie die Möglichkeit, über Auslandsaufenthalte Einblicke in andere Kulturen und Bildungssysteme zu bekommen.

Das weiß Waldemar Schmidt zu schätzen: „Ich sehe einen großen Vorteil darin, an einer Schule im Ausland Praxiserfahrungen sammeln und so zwei Schulsysteme miteinander vergleichen zu können. Das ist für mich in Polen sehr spannend, weil die Unterschiede wirklich sehr groß sind.“ So laufe der Mathematik-Unterricht sehr traditionell ab. „Bei einer Exponentialfunktion geht es nur darum, diese Funktion als mathematisches Objekt zu verstehen, während man in Deutschland etwa das Wachstum einer Bakterienpopulation als Anwendungsbeispiel heranziehen würde, was den Unterricht etwas anschaulicher macht.“ Er empfiehlt jedem Pädagogen den Blick über den Tellerrand. Denn „dass Schüler ein Jahr ins Ausland gehen, wird ja gerade an Gymnasien sehr gefördert. Aber ich frage mich, wie viele Lehrer so eine Auslandserfahrung gemacht haben und Schüler entsprechend beraten können“.

Was wirklich wichtig ist
Waldemar Schmidt verbrachte bereits ein Auslandssemester im russischen Sankt Petersburg, aber die praktische Erfahrung in Polen empfindet er als besondere Bereicherung. „Ich habe hier nochmal verstärkt darüber nachgedacht, was mir als Lehrkraft wichtig ist und was ich meinen Schülern mitgeben will. Das ist ein wichtiger Effekt dieses Auslandsaufenthalts“, so der Stipendiat. In Polen müssten die Schüler viel Stoff wiedergeben können. Da bleibe überhaupt keine Zeit, in eine Diskussion zu gehen, auch nicht in der Oberstufe. „Das Diskutieren ist bei uns in Deutschland aber wenigstens formal angelegt, auch wenn es nicht immer im Fokus stehen kann“, sagt Waldemar Schmidt. „In jedem Fall möchte ich erreichen, dass Schüler Dinge kritisch hinterfragen.“

Wenn Waldemar Schmidt aus Posen zurückkommt, will er zunächst an der Universität bleiben und promovieren. Ob er dann tatsächlich später in Deutschland als Lehrer an einer Berufsschule arbeiten wird, weiß er noch nicht: „Auch wenn ich als Dozent an der Hochschule bleiben sollte, würde ich ja Lehrer ausbilden und könnte dort für solche Programme werben: ‚Hey, geht mal ins Ausland während der Ausbildung, denn das ist eine sehr bereichernde Erfahrung, die euch im Zweifel zu besseren Lehrern macht.’“

Foto: Klaus Rathje