
Die digitale Welt entdecken
OFFENER GANZTAG – Pädagogen über ihre Erfahrungen mit dem Stiftungsprojekt GestaltBar.
Jugendliche im Hauptschulbildungsgang sollen lernen, kompetent und kreativ mit digitalen Werkzeugen umzugehen. Mit dem Projekt „GestaltBar – die digitale Werkstatt“ unterstützt die Deutsche Telekom Stiftung Schulen, dieses Ziel zu erreichen. An der Ursula-Kuhr-Schule in Köln ist die Fachstelle für Jugendmedienkultur Köln für die Umsetzung der GestaltBar im offenen Ganztag verantwortlich. Im Interview sprechen Medienpädagoge Stefan Hintersdorf, Lehrerin Anne Stiels und die pädagogische Ganztagsmitarbeiterin Hava Hali über ihre Projekterfahrungen.
Was sollte ein Ganztagsprogramm Kindern und Jugendlichen grundsätzlich bieten?
ANNE STIELS: Es sollte interessante Angebote bereithalten, die die Schüler möglichst frei nach ihren Interessen wählen können.
HAVA HALI: Die Angebote sollten so vielfältig und abwechslungsreich sein wie die Schüler und ihnen ermöglichen, sich zu entfalten und einzubringen. Sie sollten auch lebensnah sein, den Schülern Freizeitaktivitäten bieten, die ihnen sonst nicht offen stehen, wie etwa Kampfsport im Verein zu trainieren oder im Verein Tanzen zu gehen, weil dafür vielleicht das Geld fehlt.
Inwieweit erfüllt das Projekt GestaltBar der Telekom-Stiftung diese Voraussetzungen?
STEFAN HINTERSDORF: Bei der GestaltBar geht es darum, vertiefend mit digitaler Technik in Berührung zu kommen. Die Schüler dürfen beispielsweise selber Roboter bauen und lernen die Grundlagen des Programmierens kennen. Sie bekommen dabei zwar immer eine Anleitung, an der sie sich orientieren können, haben aber die Freiheit, die Aufgaben auch kreativ zu lösen und sich eigene Wege zu suchen. Ich lege viel Wert darauf, dass sie selbstständig denken und achte darauf, dass sie Anleitungen nicht nur befolgen, sondern auch verstehen.
ANNE STIELS: Die Inhalte der „GestaltBar“ könnten wir ohne das Projekt im Unterricht nicht umsetzen. Die Telekom-Stiftung finanziert die notwendige Ausstattung und die inhaltliche Expertise, die die Fachstelle für Jugendmedienkultur Köln liefert.
Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?
STEFAN HINTERSDORF: Ich verfüge über das notwendige Fachwissen und habe im Vorfeld ein grobes Konzept entworfen, wie die AG ablaufen soll. Der Schwierigkeitsgrad der Inhalte steigert sich etwa nach und nach, sodass eine natürliche Lernkurve entsteht. Aktuelle Arbeitszettel schicke ich per E-Mail an die Kolleginnen und ansonsten sprechen wir uns im Kurs ab.
HAVA HALI: Die GestaltBar ist auch für uns eine kleine Fortbildung, die wir jede Woche mit den Schülern genießen.
STEFAN HINTERSDORF Ein weiteres Ziel der GestaltBar ist es, eine gewisse Nachhaltigkeit zu erreichen. Im besten Fall führen die von der Schule aus beteiligten Pädagogen die AG nach dem zweijährigen Projektzeitraum weiter.
Die GestaltBar ist ein offenes Ganztagsangebot für die siebten und achten Klassen. Wie groß ist das Interesse an der AG an Ihrer Schule?
HAVA HALI: Wir haben 13 Achtklässler in der AG, zwölf Jungen und ein Mädchen, – das ist schon relativ viel.
ANNE STIELS: Ja genau, vor allem weil sie regelmäßig teilnehmen. Der Großteil der Schüler ist immer da.
STEFAN HINTERSDORF: Das ist mir auch schon aufgefallen. Die Fluktuation ist sehr gering. Sie haben auf jeden Fall Spaß am Kurs und Lust mitzumachen.
ANNE STIELS: Ich hatte die Stufe letztes Jahr in Informatik – bei uns heißt das, dass die Schüler PC-Programme kennenlernen – und ich hätte nicht erwartet, dass sich letztendlich so viele für die AG anmelden würden. Das Angebot ist ja doch schon speziell, weil es unter anderem darum geht zu programmieren. Ich bin total positiv überrascht von den Reaktionen und dem Können der Schüler.
Was glauben Sie: Wieso ist die GestaltBar so erfolgreich?
HAVA HALI: Die Schüler dürfen selber aktiv werden und die jeweils im Mittelpunkt stehende Technik eigenständig entdecken und erforschen. Da sie generell neugierig sind, kommt ihnen der Aufbau der AG sehr entgegen.
STEFAN HINTERSDORF: Ich versuche immer, die Schüler anzuregen, sich die Inhalte selbstständig durch Ausprobieren zu erarbeiten. Daran haben sie in der Regel auch Spaß, vor allem wenn sie merken, dass es funktioniert. Wenn es dabei zu Fehlern kommt, können die später noch korrigiert werden. Ganz grundsätzlich zeigen sich die Schüler aber auch einfach am Thema interessiert. Es kommt ja doch noch eher selten vor, dass sie an der Schule die Möglichkeit haben, Roboter zu bauen oder kleine Spiele zu programmieren. Damit die Schüler bei Bedarf auch zu Hause neu Gelerntes ausprobieren können, arbeiten wir viel mit kostenlosen und günstigen Programmen, wie die Programmiersprache Scratch.
Was ist Ihr vorläufiges Fazit des Projekts: Wie lassen sich Schüler am besten für digitale Technik begeistern?
STEFAN HINTERSDORF: Das klingt ein bisschen abgedroschen, aber es ist wichtig, mit ihnen auf Augenhöhe zu reden, sie in den Prozess einzubeziehen und selbstständig arbeiten zu lassen. Wenn etwas zum Beispiel mal nicht funktioniert, weise ich ihnen nur die Richtung, damit sie den Fehler selber finden können. Das steigert ihr Selbstbewusstsein und dient auch der Motivation.
Autorin: Anna Hückelheim / Foto: Jürgen Schwarz